Themenreihe Energie - Biogasanlage

Mit dem Titel „Runterfahren oder jetzt noch investieren? – Stand und Perspektive der Biogaserzeugung“ durften wir im Februar viele Zuhörer zum Vortrag von Hannes Geitner vom AELF Nördlingen – Wertingen begrüßen.

RECHNET SICH EINE NEUE BIOGASANLAGE NOCH?

Zu Beginn berichtete Herr Geitner über die Chancen für die Landwirtschaft durch die Stromerzeugung durch PV- und Biogasanlagen. Derzeit wird Strom mit knapp 12 ct/kWh an der Börse gehandelt. Je nach Kriegsgeschehen sei in Zukunft mit einer Beruhigung zu rechnen. Allerdings sei davon auszugehen, dass die Börsenpreise nicht mehr auf das frühere Niveau von etwa 5 ct/kWh fallen. Die Hürden für den Einstieg in die Stromerzeugung seien nicht zu unterschätzen, warnte Geitner. Unsere Stromnetze seien nicht ausgelegt auf eine dezentrale Stromerzeugung. So könne die Einspeisung zum Problem werden, wenn das Stromnetz vor Ort nicht mehr aufnahmefähig ist. Gerade für tierhaltende Betriebe sieht Herr Geitner eine gute Möglichkeit in der Verwertung von Gülle und Mist in kleinen Biogasanlagen. Dazu gebe es Regelungen im neuen EEG 2023. Bei Anlagen bis zu 150 kW installierter Leistung beträgt die Vergütung nach dem EEG 2023 22ct./kWh bis 75kW und 19ct./kWh ab 75kW bis 150kW. Der Masseanteil an Gülle müsse dabei mindestens 80 % betragen. Grundsätzlich sei die Wertschöpfung einer solchen Anlage am höchsten, wenn so viel Gas wie möglich durch Gülle und Mist erzeugt wird. Der Anteil an Zufütterung mit Silage sollte daher möglichst gering gehalten werden, da die Futterkosten enorm hoch seien. Mit dem EEG 2023 (Erneuerbare-Energien-Gesetz) wurde auch ein Maisdeckel geregelt. Neue Biogasanlagen über 150kW bzw. Anlagen die sich um eine 10-jährige Laufzeitverlängerung bewerben, dürfen maximal 40 % Getreide und Mais einsetzen, wenn Sie 2023 einen Zuschlag erhalten. Für die Jahre 2024 und 2025 ist die Grenze für den Zuschlag bereits bei 35 % und in den Jahren 2026 – 2028 bei 30 %.

PERSPEKTIVEN FÜR BESTEHENDE BIOGASANLAGEN
Herr Geitner sprach auch über bestehende Biogasanlagen und deren Perspektiven für die Zukunft. Auch diese haben einige Hürden für den wirtschaftlichen Weiterbetrieb. Durch den neu geregelten Maisdeckel erhöhen sich die Substratkosten und der Flächenbedarf steigt somit. Die Ausweichung auf kostengünstige Substrate gilt als schwierig. Durch weitere Auflagen (z.B. SCR-Kat + AdBlue) wird die Wirtschaftlichkeit zusätzlich verringert. Da kein Inflationsausgleich durch die EEG-Vergütung besteht, sind die Anlagenbetreiber direkt von den Kostensteigerungen durch die Inflation betroffen. Durch die Erhöhung der Höchstgebotswerte in der Laufzeitverlängerung auf 19,83ct/kWh im Jahr 2023 werden die stark
gestiegenen Erzeugungskosten teilweise abgefangen. Da mit weiter steigenden Kosten gerechnet werden muss, bieten aber auch die neuen Vergütungssätze in der Laufzeitverlängerung keine echte wirtschaftliche Perspektive. Die Anlagen sind bei der Biogasverstromung deshalb auf zusätzliche Einnahmen angewiesen. Als Entwicklungsperspektiven von Biogasanlagen, gelten die Erschließung von Gewinnreserven der Biogasverstromung und die Biomethaneinsparung oder auch die LNG-Erzeugung. Durch verschiedene Optionen können die Gewinne der Biogasanlagen optimiert werden. Zum einen durch den Bau oder der Erweiterung eines Wärmenetzes zum anderen durch eine
saisonale wärmegeführte Fahrweise. Ebenfalls kann eine Strommarktgeführte Fahrweise ohne Flexibilisierung zu einem höheren Gewinn führen. Auch der Bau von großen Gas und
Wärmespeichern und somit eine bedarfsgerechte Stromerzeugung könnte eine Optimierung darstellen. Idealerweise mit mehr als 40 Stunden Gas- und Wärmespeicherkapazität.
In der Regel ist eine Flexibilisierung wirtschaftlich interessant und eröffnet Perspektiven für den erfolgreichen Weiterbetrieb
der Biogasanlage. Jedoch deckt die Flexprämie bzw. der Flexzuschlag die Flexibilisierungskosten nicht ab – es muss auch der bessere elektrische Wirkungsgrad der Flex-BHKW und
vermiedene Ersatzinvestitionen der bestehenden BHKW´s berücksichtigt werden. Entscheidend sind jedoch die Mehrerlöse für die bedarfsgerechte Stromeinspeisung. Zu einer
erfolgreichen Flexibilisierung gehören künftig entsprechend große Gas- und Wärmespeicher. Ein großes Problem bei der Flexibilisierung stellt die Genehmigungspraxis der Behörden dar, so sind solche Genehmigungsverfahren immer mit sehr hohen Auflagen für die Gesamtanlage verbunden und von langer Genehmigungsdauer. Eine zusätzliche Problematik besteht in der unklaren und mangelhaften Regelung im EEG über den Flexdeckel oder die Nachflexibilisierung. Viele Betreiber und Biogasanlagen sind in der Entwicklung stehen geblieben, dies führt zu einem enormen und energiepolitisch dringend notwendigen Nachholbedarf der Biogasbranche.

SIND NAHWÄRMENETZE EINE CHANCE FÜR DIE ZUNKUNT?
Eine Chance für die Zukunft stellen Nahwärmenetze dar. Während dem Bau des Wärmenetzes ist der Aufwand zwar meist sehr hoch, nach Inbetriebnahme bleibt die Arbeitszeitbelastung aber gering. Ein Wärmenetz stellt einen zusätzlichen Gewinnbeitrag zur Biogaserzeugung dar und auch die Akzeptanz der Biogasanlage bei der örtlichen Bevölkerung steigt dadurch enorm. Mögliche Probleme bei Nahwärmenetzen sind aktuell die extremen Kostensteigerungen von Planungs- zu Bauphase, sowie die extreme Bürokratisierung der Förderung und auch die behördlichen Anforderungen.


EIN FAZIT ZUR BIOGASERZEUGUNG
Durch die schwierigen wirtschaftlichen Perspektiven in der Laufzeitverlängerung droht ein Rückgang der Biogaserzeugung ohne starke Reaktion von Politik und Biogasbetreiber um 30-40 %. Die unverhältnismäßigen Hemmnisse bei der Flexibilisierung müssten schnellstens abgebaut werden. Außerdem drohen komplizierte und teure Förderinstrumente die Energiewende zusätzlich zu blockieren.